Sieben Millionen Kilometer zu Fuß über die Alpen

Mit der geführten Genusstour gelingt die Sehnsuchtsroute Alpenüberquerung Tegernsee Sterzing auch Hobbywanderern

Noch vorsichtig die letzten 100 Meter über ein kleines Schneefeld stapfen, dann sind wir da: Auf dem Gipfel des Pfitscher Jochs, der Grenze zwischen Österreich und Italien, zwischen Ost- und Südtirol, zwischen Norden und Süden. Der Höhepunkt unserer Alpenüberquerung Tegernsee Sterzing.

Wir haben die Alpen zu Fuß überquert, haben bewältigt, wovon die Deutschen seit Goethes Italienreise träumen. Beschwerlich war es. Ja, sicher. Anstrengend. Aber durchaus machbar für uns geübte Wochenendwanderer. Und so schön.

„Früher war dieser Grenzübergang die gängige Route in den Süden. Vor allem für Schmuggler“, erklärt Bergwanderführer Georg Pawlata. Der Innsbrucker Geograph bietet seit 2014 die geführte Alpenüberquerung Tegernsee – Sterzing an.

„Ich weiß, dass die Menschen beim Wandern ein Ziel brauchen. Deshalb ist der Jakobsweg mit seinem spirituellen Ansatz so beliebt. Ebenso begehrt ist die Idee, wandernd die Alpen zu überqueren. Doch die üblichen Strecken München – Venedig oder Oberstdorf – Meran sind einfach für normale Wanderer zu schwierig. Sie enthalten Wegstrecken, die Wanderer nur kletternd und mit viel Kondition überwinden können.“

Der passionierte Bergwanderer grübelte und tüftelte darum jahrelang an einer Wegstrecke herum, bis er sie endlich gefunden hatte: Seine perfekte, machbare und landschaftlich traumschöne Route über die Alpen, die Alpenüberquerung Tegernsee Sterzing.

Was mit einer Blitzidee 2008 begann, wurde zu einer Erfolgsgeschichte: 70.000 Wanderer sind die Strecke seit dem Start 2014 gegangen. Das entspricht 7.000.000 bewältigten Kilometern. „Das macht mich schon ein bisschen stolz“, lächelt Pawlata, denn er liebt es, die Menschen für seine Leidenschaft zu begeistern: Wandernd unsere schöne Natur zu erleben.

Sonniger Start der Alpenüberquerung Tegernsee Sterzing am Tegernsee

Wie alle Teilnehmer der Alpenüberquerung Tegernsee – Sterzing beginnen wir unsere Route am Bahnhof Gmund am Tegernsee. Bei traumhaftem Juniwetter wandern wir entlang des Tegernseer Höhenwegs nach Tegernsee Ort. Dabei bieten sich uns immer wieder traumhafte Ausblicke auf den in der Mittagssonne glitzernden See und das dunkelgrün bewaldete Bergpanorama auf der gegenüberliegenden Seeseite.

„Unser See kann wirklich alle möglichen Farben annehmen“, informiert mich Claudia Mach von der Tegernseer Tal Tourismus GmbH, als ich sein strahlendes Türkis bewundere, während wir im Herzöglichen Bräustüberl frisch geräuchertes Seesaiblings-Filet genießen.

Da wir uns auch noch einen leckeren Apfelstrudel gönnen, verpassen wir leider die eigentlich vorgesehene Ruderfähre nach Rottach-Egern. Wir nehmen stattdessen den „Hecht“, ein kleines Motorboot, gesteuert von einem echten Tegernseer Original. Der „tolle Hecht“ bringt uns sicher ans andere Ufer. Die weitere Etappe folgt einem naturnahen Steig auf leichten Wegen entlang der Weißach bis zum Wildbad Kreuth.

Schöner Aufenthalt am Achensee

Wir „Versuchstourler“ werden nun mit dem Taxi direkt nach Pertisau geshuttelt, wo wir im nobeln Hotel „Entners am See“ logieren. Doch normalerweise beginnt hier im historischen Wildbad Kreuth die „härteste Etappe“ der Tour, wie uns Georg Pawlata berichtet. Der 17 km lange Tagesabschnitt überwindet 850 Höhenmeter, belohnt dafür aber mit traumhaften Ausblicken bis zu den Zillertaler Alpen.

„Ein bisschen Kondition braucht man also schon für die Alpenüberquerung“, erklärt ihr „Erfinder“. Trittsicherheit und eine gute gesundheitliche Grunddisposition sind vonnöten. Doch man muss nicht klettersicher oder schwindelfrei sein, bewegen sich doch alle Wanderwege im leichten bis mittelschweren Bereich. „Das war mir wichtig und deshalb habe ich auch lange nach der idealen Route gesucht.“

Überhaupt soll sich Pawlatas Alpenüberquerung Tegernsee Sterzing an Genusswanderer richten, die unbeschwert die malerische Landschaft erleben möchten. Deshalb wird das Gepäck von Hotel zu Hotel transportiert. Die Teilnehmer werden kleine Wegstrecken, die etwa an der Landstrasse entlang führen würden, mit dem Taxi zu ihrer nächsten Übernachtung gebracht – durchweg schöne und komfortable 3- und 4-Sternehäuser mit Sauna und/oder Pool.

Mit dem Schiff zur Alm

Ein wenig Erholung ist den Wanderern nach den Strapazen des Auf und Abs der Voretappe am dritten Tag gegönnt. Auf dem sanft durch eine grandiose Landschaft mit kleinen Wasserfällen, Mischwäldern und Schwemmkegeln mäandernden Steig vergeht die Wanderzeit bis Maurach an der Südspitze des Achensees wie im Flug. Nach einem erfrischenden Bad im See und ein paar Tiroler Schmankerl im Hotel sind die Lebensgeister schnell wieder hergestellt.

Wer gar zu erschöpft vom Vortag ist, kann übrigens abkürzen und schon um die Mittagszeit an der „Gaisalm“ das Linienschiff direkt nach Maurach nehmen. Die idyllisch am Westufer des Achensees gelegene Hütte ist nämlich die einzige Alm Tirols, die man nur zu Fuss oder mit dem Schiff erreichen kann!

Solch kleine Abkürzungsangebote gibt es auf der Alpenüberquerungs-Route Tegernsee-Sterzing immer wieder, soll doch der Genuss und nicht die Qual im Vordergrund stehen – ganz nach dem Motto: Alles kann, nichts muss.

Durch die Heimat des Bergdoktors

Wieder recht sportlich, aber nicht minder schön wird es auf der vierten Tagesetappe: Nach einem Spaziergang durch das Dorf Fügen werden die Alpenüberquerer mit der Bergbahn über die Baumgrenze aufs Spieljoch gegondelt. Sie genießen dabei majestätische Ausblicke auf die umliegende Bergwelt des Zillertals, das Karwendel, Rofangebirge und bis hin zur Heimat des Bergdoktors, dem Wilden Kaiser.

Auf einem traumhaften Steig wandert man unter jahrhunderte alten Zirbenbäumen und durch Almrosenhänge bis zum Loassattel. Hier lassen Tiroler Spezialitäten die Strapazen des Aufstiegs schnell vergessen, bevor es auf einem gemütlichen Weg bis zum bekannten Wintersportort Hochfügen geht.

Einmal über die Alpen

Am sechsten Tag nun wird es ernst und auch unser „Probetrupp“ der Alpenüberquerung Tegernsee Sterzing steigt wieder in die Route ein – rechtzeitig zur Überschreitung des Alpenhauptkamms. Ein klein wenig flau im Magen ist uns schon, als wir mit dem Linienbus über enge Serpentinen zum Schlegeis Speichersee auf 1.800 Meter Seehöhe chauffiert werden. Und auch die im Gegensatz zu den lieblichen Seenlandschaften der Vortage karger wirkende Landschaft ebenso wie der bewölkte Himmel stimmen uns auf das nun doch etwas respekteinflößende Projekt „Alpenkammüberquerung“ ein. 

Doch zunächst geht es sehr machbar entlang eines Bächleins vorbei an Wasserfällen, Zirben und Alpenrosen. Die kleinblütige Rhododendrenart blüht jetzt im Juni nur hie und da. Ab Ende September und im Oktober verwandelt sie aber laut unseres Wanderführers die Häng  in einen tiefroten Traum. „Brennende Berge nennen wir das dann, das sieht wirklich sensationell aus“, berichtet Pawlata begeistert.

Die kleinen Exkurse in die Botanik lenken uns ein wenig vom nun doch beschwerlicher werdenden Weg über 500 Höhenmeter hinauf zum Pfitscherjoch.

Es wird anstrengend bei der Alpenüberquerung Tegernsee Sterzing

Der Weg wird immer steiniger und unwirtlicher, erste Schneereste tauchen auf. Bei den letzten Metern müssen wir sogar ein, zwei Schneefelder überqueren, bis wir endlich die auf 2.275 Meter liegende italienische Grenze erreichen. Ein wirklich erhebender Moment an einem geschichtsträchtigen Ort. Denn die Einwohner beider Länder haben sich das Zusammenwachsen von Süd und Nord, das Austarieren der Grenze nach der Aufteilung Tirols zwischen Österreich und Italien nicht leicht gemacht.

Noch bis in die 1960er Jahre gab es hier Anschläge der sogenannten „Bumser“, der Rebellen des „Befreiungsausschuss Südtirol“, wie Georg Pawlata uns berichtet. Viel Unmut, Hass und Unverständnis gab es auf beiden Seiten zu überwinden, bis das Autonomieabkommen von 1972 die Region befriedete und den Grundstein legte für das freundschaftlich-friedliche Zusammenleben, das wir heute erleben dürfen. 

Pfitscher Joch Alpenüberquerung Tegernsee Sterzing

Noch ein wenig ehrfürchtiger schauen wir nach dieser Geschichtslektion hinter uns nach Österreich, vor uns nach Italien. Wir fühlen ein wenig davon, was Goethe oder auch Hannibal Jahrhunderte vor uns gefühlt haben mögen. Doch vor allem fühlen wir einen Bärenhunger, der im „Pfischterjochhaus“ mit Hüttenmakeroni aufs köstlichste gestillt wird. Nach einem Schnäpschen vom Hüttenwirt machen wir uns an den Abstieg, der schon gleich viel lieblicher (also südlicher) daherkommt.

Traumschöner Abstieg der Alpenüberquerung Tegernsee Sterzing

Über Alpenrosenhänge, Mischwald, lauschige Bächlein und duftende Almwiesen geht es um 850 Höhenmeter hinab bis zum Talboden des Pfitschtals. Fast schon berauschend schön ist der leicht erhöhte Wiesenweg des letzten Abschnitts. Mit Blütenduft umnebelt führt er uns bis St. Jakob. Dieser erste kleine Weiler der Gemeinde Pfitsch mutet idyllisch und malerisch an. Doch es handelt sich  hier um eine der ärmsten Regionen Südtirols, wie uns Pawlata erzählt.

Wenig Tourismus hat es bislang in diese Region gezogen, doch der stetige Strom von Wanderern, den seine Alpenüberquerung nun seit beinahe zehn Jahren bringt, hat dafür gesorgt, dass die vorhandenen Hotels nun gut dastehen und ein gesichertes Einkommen fast das ganze Jahr über haben.

Im Hotel Kranebitt lösen wir unsere vom Abstieg verkrampften Muskeln im warmen Pool und in der Sauna, bevor uns Küchenchef und Betreiber Tötsch mit Kaasnocken und Topfenknödeln verwöhnt. Und mit Brunello Grappa später an der Bar. Das soll Muskelkater vorbeugen…

Schluss-Etappe nach Sterzing

Die letzte Tagesetappe nimmt Rücksicht auf die von den Strapazen des Vortrag möglicherweise schmerzenden Waden und Oberschenkel. Sie führt über leichte Wanderwege durch die liebliche Landschaft mit urigen Bauernhäusern, bunten Wiesen und typischen Südtiroler Steinkirchen sanft hinunter nach Sterzing. Im gotischen Stadtzentrum erwartet uns schon die bezaubernde Stadtführerin Carmen Turin. Charmant und mit viel Wissen geleitet sie uns durch die Alt- und Neustadt.

Die nördlichste Stadt Italiens wurde erstmals 1160 urkundlich erwähnt und besitzt seit 1280 Stadtrecht. Man baute damals eine Stadtmauer um die Neustadt, in der ausschließlich reiche Bürger wohnten. Handwerker und einfache Bevölkerung blieben außerhalb in der Altstadt.

Den Übergang markiert das Wahrzeichen Sterlings, der Zwölfglockenturm, der 1468 als Beobachtungsturm für Feuer auf das ehemalige Stadttor gesetzt wurde. Sterzing war schon in frühen Zeiten durch seine exponierte Lage an der Handelsroute vom Norden in den Süden ein wichtiger Umschlagsort, was zu seiner Blüte und großem Reichtum geführt hat.

Dieser rührte zudem von den umgebenden Silberbergwerken her, die von den Habsburgern als Bezahlung für Kriegsdarlehen an die Familie Fugger übergeben worden war. Vom Wohlstand der Stadt können wir uns im 1468 errichteten Rathaus mit seinem prächtig geschnitzten Tor und dem historischen Ratssaal überzeugen, der auch heute noch als solcher genutzt wird.

Stadtführung durch die Alpencity

Auch in Sterzing begegnen wir wieder der Geschichte Südtirols, setzen sich die 7.000 Einwohner der elegant-alpinen Stadt doch zu 70 % aus deutschsprachigen und zu 30 % aus italienischsprachigen Bürgern zusammen, die friedlich und freundschaftlich zusammenleben. Zwar gibt es getrennte deutsche und italienischen Kindergärten, Schulen und Kirchen. „Dennoch leben wir hier miteinander und nicht nebeneinander“, betont Stadtführerin Turin. „Das ist mir ganz wichtig zu sagen!“ 

Und wer wie wir im Anschluss an die spannende Stadtführung im historischen „Hotel Lamm“ die typisch Südtiroler „Schmankerl Tris“ mit Spinatnocken, Kaaspressknödel und Schlutzkrapfen unter südlicher Sonne genießt, der weiß, dass sich hier in Sterzing wie überall in Südtirol wahrlich das Beste aus zwei Welten vereint. Bei einem Glas Rosé trinken wir auf unsere genussvolle Alpenüberquerung, durch die wir so viel über die Regionen, die wir durchwandert haben, erfahren haben. Und über uns selbst.

Facts & Infos

  • Wissenswertes

    Zielgruppe

    Die Alpenüberquerung vom Tegernsee nach Sterling führt über leichte bis mittelschwere Wanderwege. Im Vergleich zu anderen Alpenüberquerungen sind die einzelnen Etappen so ausgewählt, dass sie von normal geübten Wanderern problemlos zu bewältigen sind. Trittsicherheit und Kondition sind Voraussetzung, Schwindelfreiheit ist nicht erforderlich.

    Geführte Reise buchen

    Die geführte Tour wird von Mitte Juni bis Anfang September angeboten und beinhaltet sieben Übernachtungen mit Halbpension, den Gepäcktransport sowie den Shuttleservice zu den Unterkünften und eine Stadtrundführung durch Sterzing.

    ab 1.290 Euro

  • Ausflugstipps

    Noch mehr erleben

    Verlängerungsnächte sind am Tegernsee und in Sterzing möglich. Am Tegernsee sind das „Museum Tegernseer Tal“ und das „Olaf Gulbransson Museum“ in Tegernsee sowie das Museum „Jagerhaus“ in Gmund empfehlenswert. Von Sterzing aus lassen sich zahlreiche Burgen wie das Schloss Wolfsthurn, die Burg Reifenstein oder die Burg Sprechenstein besichtigen. Ganz besonders lohnend ist ein Ausflug in die Bergbauwelt Ridnaun Schneeberg mit Wanderung zum authentisch erhaltenen Bergbaudorf St. Martin am Schneeberg und anschließender Tunnelbegehung durch Bergwerk.

Die drei schönsten Hotels

Terrasse Achensee Hotel Entners

Hotel Caro & Selig

Neues 4-Sterne-Hotel der Marriott Autograph Collection mit tollem, zurückhaltendem Ambiente. Es steht für edles Design, klassische Handwerkskunst und ein besonderes Ambiente, ganz im Sinne von Caroline von Baden, Königin von Bayern. Die Tegernsee-begeisterte Königin fühlte sich am See stets „glückselig“, woher der Name Caro & Selig des Hotels rührt. Wie jedes Hotel der Autograph Collection erzählt es somit eine ganz eigene Geschichte.

Mehr über das Hotel lesen

Ü/F p.P. ab 100 Euro

Hotelzimmer Bett Hotel Entners am See

Hotel Enters am See

Im Entners können Sie Blicke auf den smaragdgrünen Achensee durch bodentiefe Fenster, von Balkonen und der Panoramaterrasse genießen. Oder direkt am Seesteg mit Infinity Pool, See Spa und der Entners Strandbar. Das elegante Ambiente in Dunkelgrün, Brauntönen und Altrosé passt perfekt zur Landschaft und sorgt für absolute Wohlfühlatmosphäre.

Mehr über das Hotel lesen: https://www.fabulous-travel.de/hotel-entners-am-see/

Ü/F p.P. ab 170 Euro

Hotel Kranbeitt Pfitschertal Alpenüberquerung Tegernsee Sterzing

Hotel Kranebitt

Gemütliches, familiär geführtes Hotel in Traumlage mit besonders herzlichem Service und hervorragender Küche. Im schönen Indoor-Pool und der kleinen Sauna kann man nach der Wanderung herrlich entspannen.

DZ/HP p.P. ab 69 Euro

Bildnachweis | Titelbild : Andrea Röthe; Hotel Caro & Selig : Andrea Röthe; Hotel Enters am See : Andrea Röthe; Hotel Kranebitt : Andrea Röthe; Profilbild : Andrea Röthe;

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Andrea Röthe

Hello, that’s me: Andrea

Reiseredakteurin, Food Lover, Travel Addict.

Auf meiner Seite entführe ich euch ans Mittelmeer und an die Adria, nehme euch mit auf stimmungsvolle Wanderungen, zu kulturellen Highlights in Deutschland und Südeuropa und entdecke mit euch die schönsten Hotels, Hideaways und Wellnesstempel der Regionen.

Andrea Röthe